Dienstag, 25. September 2012

Hot Chocolate

Als wir aus unserem tiefen, traumlosen Schlaf erwachen ist es 11:45 Uhr, aber bis zum Frühstück/Brunch um 12:30 Uhr haben wir noch ein bisschen Zeit.
Da heute unser freier Tag ist, haben wir uns gestern mit Jule,Nisi, Bruno und Jonas verabredet um bei Tesco shoppen zu gehen, deshalb machen wir uns zur Abwechslung mal vor dem Frühstück fertig.
Wir werden mit 15 Minuten Verspätung gerufen, was mich unter normalen Umständen nicht stören würde, aber wer kann hier bitte von normal reden?
Wir kommen in die Küche und ich blicke auf ein wunderhübsch angerichtetes englisches Frühstück. Es ist die einfache Ausführung mit gebackenen Bohnen (weiße Bohnen in Tomatensauce), Spiegelei, englischen Würstchen, Bacon und Toast. Einer der Toasts hat sich geopfert und sich wagemutig unter die Bohnen geworfen. Er wird in Würde am Tellerrand bestattet. Das Spiegelei überlasse ich Liz, denn es ist noch halb lebendig, natürlich nur im Tausch mit dem nicht gewollten Bacon und Toast Nummer 2 ist durch die Eipampe leider auch ungenießbar. Die Würstchen sind bekanntermaßen brechreizerregend, Liz findet sie allerdings in Ordnung. Das Highlight ist der Bacon, er ist richtig lecker und als ich die 4 Scheiben, die ich dank des Tausches nun habe, gegessen habe, kann ich sowieso nichts anderes mehr essen. Ich werde von Geshirrgeräuschen neben mir aus der Futtertrance aufgeschreckt. Liz bringt es doch tatsächlich fertig, nach zwei Spiegeleiern, zwei Würstchen und einem Toast noch eine komplette Schüssel Lion Cereals zu essen. An dieser Stelle nochmal mein hoher Respekt gegenüber dieses Magens.
Wir stehen auf und machen uns fix zum Rausgehen fertig, denn wir haben eigentlich keine Zeit mehr. Ich bin froh, eine gute Regenjacke zu besitzen, denn als wir aus der Tür treten, werden wir vom englischen Wetter empfangen. Ich setze resigniert meine Kaputze auf und wir stapfen los. Ernsthaft? Denke ich mir, ein freier Tag von 11 und es regnet junge Hunde vom Himmel! Naja, diese Reise scheint mir viele erzählenswürdige Erlebnisse bescheren zu wollen und bis jetzt hat sie mich nicht enttäuscht.
Jule ruft Liz an und nach kurzer Lagebeschreibung treffen wir die vier anderen dann. Sie sind durchgeweicht und wir beschließen auf dem schnellsten Weg zu Tesco zu schwimmen..ähh zu gehen.
Es ist trotzdem ein ganz schöner Fußmarsch und als wir am Megastore (ich würde ihn eher Hyperstore nennen) ankommen, hat der Regen ein wenig nachgelassen.
Ich kenne ja einige Supermärkte in England und ich bilde mir ein, einen ganz guten Überblick über diese Problematik zu haben, doch dass, was uns dort erwartet ist einfach gigantisch! Es ist ein Supermarkt größer als der Real im Ringcenter und das zweietagig! Wir befinden uns im Erdgeschoss und beschließen aus Zeitgründen die zweite Etage auszulassen. Vielleicht sollte ich dazu sagen, dass es hier nicht unüblich ist, dass Supermärkte hier auch Sonntags geöffnet haben, so ist dieser Tesco jeden Sonntag bis um 4:00 pm zugänglich. Wir kommen an Haushaltsgeräten, Küchenutensilien, Spielwaren, Kosmetikartikeln, Medikamenten, Souvenirs und natürlich den normalen Alltagsdingen wie Molkereiprodukte, Obst, Gemüse, Fleisch, Süßwaren, Tee und Kaffee und vielem mehr vorbei. Ich kaufe zwei Tafeln Schokolade, eine zum gleich vernichten und eine zum Mitbringen, und eine Flasche mit kritschesüßer Apfelschorle, die ich erstmal mit Wasser verdünnen muss. Als wir nach einer 3/4 Stunde dann alles gesehen und gekauft haben, suchen wir wegen des anhaltenden Regens das markteigene Café auf. Dort kaufen Jule und Jonas sich einen ungenießbaren Erbeerschaum und Nisi kauft sich einen Brownie und ein einzelnes Babybell aus dem "Selbst-Aussuch-Kindermenü-Ständer".
Wir setzen uns und erzählen uns gegenseitig die herrlichsten Anekdoten, wobei immer mal das englische Essen rumgereicht wird, einfach weil es so eklig ist.
Um 4:00 Uhr spricht uns dann ein Angestellter an und entschuldigt sich für die Tatsache, dass wir Schafsköpfe nicht gemerkt haben, dass der Laden gerade zu macht. Wir nehmen diese aufrichtige Entschuldigung an und hoffen, er hat fürs nächste Mal was draus gelernt.
Es regnet nicht mehr ganz so stark und wir machen uns durch einen kleinen Wald auf den Weg zu Nisi und Jule nach Hause. Vor der Tür verabschieden wir uns dann von Bruno und Jonas und gehen in das gemütlich aussehende Haus. Wir werden von Sue, ihrer etwas älteren Gast...omi begrüßt und sie nimmt uns die durchweichten Jacken ab. Als wir in das Zimmer der beiden gehen habe ich schon ungefähr 4 Pläne geschmiedet, wie wir einfach dort mit einziehen können. Nach einer ganzen Weile sind wir dann Ideenlos und gehen runter, eigentlich ohne wirklichen Plan. Wir kommen an der Küche vorbei und Sue bietet uns was zu trinken an und sagt uns, dass wir uns schonmal ins Wohnzimmer platzieren sollen. Sie bringt die Gläser und ich bin nahezu gerührt. Wieso wir nicht?! Wieso? Als sie Liz und mir dann auch noch ein Stück selbstgemachten Kuchen vor die Nase stellt, bin ich wirklich niedergeschlagen.
Um 6 gibt es dort Essen und da wir nicht mit eingeplant sind, setzen wir uns einfach so mit an den Tisch. Wir führen ein Gespräch mit Sue, und sie regt sich gebührend über das Verhalten unserer Gasteltern auf. Wir reden über dies und das, und da Nisi eine wahnsinnig langsame Esserin ist, haben wir viel Zeit für ein ausgedehntes Gespräch. Es gibt Nachtisch und wir bekommen beide eine halbe kleinenFruchttorte. Ich liebe diese Frau! Ich habe sie in diesem Moment adoptiert und ziehe in Gedanken bereits ein, als Nisi dann doch mit dem Essen fertig wird und wir uns ins Wohnzimmer setzen. Nach einer Weile ist es dann um 19:00 Uhr und Liz beschließt, es sei jetzt Zeit zu gehen, keine blöde Idee, schließlich ist es ein weiter Weg und wir wollen noch im Hellen ankommen.
Wir machen uns also im strömenden Regen auf den Weg, kehren aber am Kreisverkehr direkt wieder um, weil ich mein Handy ganz spontan auf Nisis Nachttisch liegen hab lassen. Wir werden noch einmal von Sue bedauert, ich glaube wegen des Regens, und gehen wieder unserer Wege.
Als wir ankommen sind wir nass bis auf die Knochen, zumindest an den Beinen, wir haben ja beide eine Regenjacke.
Wir kommen also an und werden mit einem "Hi!" begrüßt. Wir stiefeln dann nass nach oben und hängen unsere Jacken einfach an die Türklinke. Kimberlys und Charlottes Essen ist schon fertig, wir müssen allerdings noch warten, denn er hat wohl noch nicht angefangen zu kochen, weil er ja nicht wusste, wann wir wieder kommen.
Nach einer halben Stunde Warterei dürfen wir dann auch essen und werden von einem Minipie und Kartoffelecken begrüßt. Der Pie besteht aus einer Blätterteighülle und einer Füllung die dem braunen Pendant zu Frikassee am ehesten gleicht. Liz darf meins essen.
Als wir dann fertig damit sind, verkrümeln wir uns wieder in unser Zimmer. Nach einer langen Weile Ehepaar-Dasein verkündet mir Liz, dass sie jetzt "richtig Bock auf heiße Schokolade" hätte. "Schön!", sage ich"dann lass uns fragen gehn." Kein Protest. Nur ein undeutliches Murmeln von wegen "will nicht aufstehen....", aber nach 5 Minuten stehen wir dann doch unten am Fuß der Treppe und fragen Karen, die mittlerweile samt Schwester da ist, ob sie hot Chocolate oder so für uns hätte. Schokolade scheint aus zu sein, aber sie bietet uns großzügig einen Tee an. Sicherheitshalber fragen wir- okee, ich werde hier grad mit vorgehaltener Nagelfeile gezwungen, richtigzustellen, dass es Nisis Idee war in London mit dem Taxi zu fahren und nicht Liz'- nach der Art Tee und kriegen als Antwort ein "englischer Tee" zugeworfen. Achso, klar. Danke Karen, ich hatte schon Sorge er wäre aus Bangladesh. Natürlich wäre es jetzt nur noch peinlicher einfach wieder zu gehen und so nehmen wir das Angebot an. Wir folgen ihr in die Küche und Liz wirft mir hinter ihrem Rücken einen doofe-Idee-Blick zu, ich ziehe zur Antwort eine Fratze. Kurze Zeit später kommt auch Karen Schwester und fragt uns, ob uns der Aufenthalt so far denn gefallen hat. Ich setze zu einem beherzten Kopfschütteln an, besinne mich dann aber eines besseren und preise gemeinsam mit Liz die Schule und die Ausflüge an. Karen wird dann glücklicherweise mit dem Tee fertig und wir schleichen uns hoch. "Ich hasse Tee.", ist die trockene Bemerkung, die ich fallen lasse, kurz nachdem wir durch die Tür sind. Er ist leicht bitter im Nachgeschmack und hat die Eigenschaft, die ich bei Tee besonders hasse: er schmeckt nach Wasser mit Blättern drin. Ich kippe ein bisschen von dem Apfelschorlensirup hinein und freue mich eine elegantere Lösung als den Abfluss gefunden zu haben.
Noch mehrfach an diesem Abend verfluche ich unsere Gastfamilie und die Tasse Tee auf dem Nachttisch und langsam gleiten wir in einen tiefen Schlaf.

Alles Liebe an Zuhause! Ich wünschte ich hätte euch alle hier!
Specialgruß: Mami! Ich hoffe es geht gut Zuhause und sie haben sich noch nicht ganz kaputt gespielt! Freu dich auf meine Mitbringsel! Ich vermisse dich ganz ganz doll und hab dich lieb <3

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